Einige Bereiche in Mainz werden durchaus sinnvoll mit Fernwärme versorgt. Vor allem lässt sich so Auskoppelwärme aus der Elektrizitätserzeugung im Gaskraftwerk oder der Müllverbrennung nutzen. Lange Leitungswege mit Verlusten sind bei Abfallwärme eher nachrangig, weil diese ansonsten in den Rhein gepumpt oder per Kühlturm abgefackelt würde.
Weitaus ungünstiger ist z.B. die Lerchenberger Versorgungssituation, beklagt Hartmut Rencker, obwohl seine alte Forderung, die Lücke im städtischen Fernwärmenetz zwischen Bretzenheim und Lerchenberg zu schließen, seit 2005 erfüllt ist. Trotz vorgelieferter städtischer Auskoppelwärme, die allerdings nicht den ganzen Bedarf abdecken kann, wird vor Ort zusätzliche Wärme produziert, vor allem, um den Hochtemperaturbedarf des ZDF abzudecken. Ein Problem ist das fast 50 Jahre alte, miserabel isolierte Leitungsnetz mit hohen Wärmeverlusten, die in die wirtschaftliche Gesamtrechnung einfließen, auch wenn diese aus „kosmetischen Gründen“ nur teilweise abgerechnet werden. Dazu kommen noch hohe hausinterne Wärmeverluste durch nicht isolierte und überdimensionierte Warmwasser-Zirkulationsleitungen.
Ein großes Hemmnis für die energetische Sanierung ist eine Kostenstruktur mit stark überhöhten verbrauchsunabhängigen Grundkosten, die sich an Verhältmnissen aus den sechziger Jahren orientieren, also Einscheibenglas, zielgeloffenen Dachgeschossen und der längst überholten Gewohnheit, verschwenderisch zu baden. Völlig unbefriedigend ist, dass die Lerchenberger immer noch mit diesen antiken Grundkosten belastetet werden. Die Uralt-Verträge hatten bisher ewigen Bestandsschutz. In langjährigen Bemühungen, die den Lerchenberger Hartmut Rencker bis in die Ministerien nach Berlin geführt haben, konnte eine Novellierung der Rechtslage erreicht werden, die aber aus Unwissenheit nach wie vor kaum genutzt wird.
Dank der von Rencker angeschobenen Novellierung der Fernwärmeverordnung können Kunden mit Uraltverträgen seit Anfang 2011 die Herunterstufung nur eines einzigen Bausteins des Grundkostenmosaiks verlangen. Allerdings besteht der Wärmehändler RWE ohne Rechtsgrundlage auf neuen Langzeitverträgen über das Ende des Rahmenvertrags mit der Stadt hinaus. Dies hält viele Lerchenberger davon ab, sich auf neue Verträge einzulassen, um das Risiko einer fortbestehenden Vertragsbindung zu vermeiden, wenn der Rahmenvertrag mit der Stadt im April 2016 ausläuft. „Und diese Kundenverträge können sogar für die Stadt zum Problem werden, neue Konditionen durchzusetzen“, befürchtet der Spitzenkandidat der FW, Kurt Mehler. Umweltdezernentin Eder und das Stadtrechtsamt konnten diese Sorgen nicht zerstreuen.
Erste technische und vertragliche Verbesserungen zeichnen sich im Raum Berliner Siedlung ab. Dort soll die Nur-Wärme-Produktion umgestellt werden auf Kraft-Wärme-Kopplung, also die Gewinnung von Elektrizität mit Nutzung der Abfallwärme. Dieses Modell sollte auch auf den Lerchenberg übertragen werden. Vor allem ist sicherzustellen, dass Kunden mit Vertragsänderungen in den letzten Jahren wegen der damit eingegangenen Langzeitbindung nicht von besseren neuen Konditionen ausgeschlossen werden, wie das derzeit schon viele Lerchenberger trifft. Wer Anfang 2009 ein nur minimal günstigeres Vertragsangebot angenommen hat, den Grundpreis von fiktivem Bedarf auf Flächenberechnung umzustellen, ist durch Vertragsbindung von den besseren Möglichkeiten der Novellierung der Fernwärmeverordnung vom November 2010 ausgeschlossen. Diese rigide Verweigerungshaltung des Wärmehändlers RWE ist formal nicht auszuhebeln.